„Wo ist denn der Pink Spot?“
– „Ich kann ihn auch nicht finden, du?“
So scherzten Michaela Tabb und Ronnie O’Sullivan im Halbfinale gegen Ali Carter. Dabei stand es nicht gut, Carter fehlte nur noch ein Frame zum Matchgewinn, 5:4.
O’Sullivan hatte gerade im Break die Pinke gelocht und nachdem der Spot der Kugel inmitten des roten Pulks ausgemacht war musste sie ja so nahe wie möglich dorthin gelegt werden. O’Sullivan dirigierte: „Ein bisschen nach links, ein wenig nach rechts.“
Aber es half nichts: Mit einem „Ich wäre hiermit schneller fertig, wenn du mir nicht helfen würdest“
setzte Michaela Tabb wieder die Rote auf den Platz zurück, den sie sich frei geräumt hatte um besser an den Pink Spot zu kommen, und legte die Pinke doch von der Fußbande an den Pulk heran.
„The Rocket“ konnte setzte sein Break fort als ob nichts passiert wäre, am Ende kamen 78Â Punkte heraus und der 5:5-Ausgleich. In 10 Frames hatten sich die WM-Finalisten nichts geschenkt, nur ein Frame, der zweite, kam mit einem Break unter 60Â Punkten aus.
O’Sullivan eröffnete mit einer starken 96, die Carter in Frame 2 mit einer 36er Clearence beantwortete, der einzige wirklich knappe Frame. O’Sullivan kam ging dann mit einem 106er-Break in Führung, Carter konterte mit 69Â Punkten.
Wieder ging es hin und her, diesmal mit 97Â Punkte in Folge für Carter, O’Sullivan hielt mit einer 60er-Serie dagegen. Wieder spielte Carter ein 72er-Break, O’Sullivan konterte diesmal mit 108Â Punkten. Es war ein enges, hochklassiges und spannendes Match. Nichts erinnerte an die Schmach, an das klare Match im Crucible im Mai. Und auch nicht an das Match vor einem Jahr an gleicher stelle bei dem Carter so gar keine Chance hatte und O’Sullivan in fünf Frames fünf Centuries spielte, darunter ein Maximum. Dies war ein anderes Spiel.
Die nächsten beiden Frames gingen mit Breaks von 76 bzw. 78Â Punkten wieder jeweils an einen Spieler. Im entscheidenden 11. Frame dann konnte sich O’Sullivan einen Vorsprung von 52 Punkten herausarbeiten, verschoss dann überraschend. Carter kam an den offenen Tisch und es sah so aus als ob ihm das Finale nicht mehr zu nehmen sein würde.
Doch nach 51Â Punkten in Folge war es eine Rote, die an der („schwarzen“) Bande lag und die noch zwischen ihm und dem Finale stehen sollte. Carter stieß und verschoss. Die Rote blieb im Tascheneinlauf liegen und war ein gefundenes Fressen für O’Sullivan, der dann doch noch den Frame und das Match gewinnen konnte.
Heute war es aber nicht die mangelnde Selbstdisziplin oder die unterbewusste Suche nach der Spannung, die O’Sullivan über die gesamte Distanz gehen lies, sondern das Niveau seines Gegners. Ali Carter war Ronnie O’Sullivan ebenbürtig, nur Nuancen entschieden diesmal auch das neunte Aufeinandertreffen der beiden zu Gunsten O’Sullivans. Nächstes mal schon könnte der „Pilot“ schneller sein als die „Rakete“.
O’Sullivans Gegner wird aber erstaunlicherweise nicht John Higgins sondern Dave Harold sein. In einem anfangs deutlichen Match führte Harold schon mit 5:1 und benötigte nur noch einen Frame. Zwar konnte sich Higgins noch einmal aufbäumen und drei Frames für sich entscheiden, doch Harold wusste, dass seine Chance kommen würde. Im zehnten Frame nutzte er dann eine Chance und steht endlich wieder im Finale eines Weltranglistenturniers.